Lot Nr. 966


Otto Muehl *


Otto Muehl * - Zeitgenössische Kunst, Teil 2

(Grodnau 1925–2013 Moncarapacho, Portugal)
Ohne Titel, monogrammiert, datiert M 87, 28 VIII, Öl auf Leinwand, 140 x 180 cm, gerahmt, (K)

Provenienz:
Aus einer österreichischen Sammlung

Und warum gibt es den Aktionismus gerade in Österreich? Die aktionistischen Handlungen sind ja sehr stark.
Sie gehen auch ins Leben über. Die romantische Kunst ist dagegen ganz formal. Cézanne ist so formal, daß die Wirklichkeit erlischt. Auch bei Picasso ist es so. Er spricht zwar von Zertrümmerung, es ist aber kein Zertrümmern der Wirklichkeit, es ist eher formal, der Gegenstand wird der Bildkonstruktion geopfert. Während der Österreicher banal und naiv ist, er will den Gegenstand nicht aufgeben (lacht), er will das nicht opfern. Ich erinnere mich, als ich studierte, entdeckte ich Schiele. Die Linien bei Schiele sind ja wie Musik. Seine Linien sind berauschend. Es geht gar nicht so sehr um den Körper. Die Kurven sind berauschend, und es ist umso besser, wenn sie einen tollen Frauenkörper umkreisen. Klimt hat das auch, verbunden mit Erotik. Also, ich hatte keine Ahnung. Als ich mit der Akademie begann, machte ich praktisch noch Kinderzeichnungen aus der Phantasie. Man kannte ja nach dem Krieg nicht einmal van Gogh oder Picasso, bei den Nazis war das alles ja entartet. Und als ich 1950 oder 1952 zum erstenmal Schiele sah, da haben mich diese Linien sofort getroffen. Ich wollte es nachzeichnen, konnte es aber nicht. Professor Boeckl sagte: Das, was Schiele gemacht hat, das ist ja nur lineares Stroh – Boeckl war ja Maler. Er war ein guter Maler, aber doch mehr lokal österreichisch, kein Egon Schiele. Er war fast gleich alt wie Schiele. Und dann lernte ich einen Eisenbahner kennen, der Schiele gekannt und 1915/16 Bilder von ihm gekauft hatte. Ich habe ihn besucht. Er zog aus einer Lade Schiele-Zeichnungen heraus. Und ich war total begeistert. Ich glaube, er hat die Zeichnungen der Albertina vermacht. Ich habe vergessen, wie er heißt. Später dann hab‘ ich Schiele abgelehnt, weil ich Cézanne und van Gogh kennenlernte und dachte, Schiele wäre zu naturalistisch. Über die Erotik hab ich mich sogar wie ein Spießer aufgeregt, daß das nämlich zu pervers sei. Ich ging dann eher den formalen Weg, ich mußte das nachholen, und erst jetzt kehre ich über die französische Malerei, dieses Gebirge, zurück auf österreichischen Wiesen und Almen (lacht) und werde Ziegen- und Kuhhirt.
Otto Muehl, Aus dem Gefängnis, 1991-1997, Ritter Verlag, 1997

Expertin: Mag. Elke Königseder Mag. Elke Königseder
+43-1-515 60-358

elke.koenigseder@dorotheum.at

27.11.2014 - 14:00

Erzielter Preis: **
EUR 30.000,-
Schätzwert:
EUR 28.000,- bis EUR 38.000,-

Otto Muehl *


(Grodnau 1925–2013 Moncarapacho, Portugal)
Ohne Titel, monogrammiert, datiert M 87, 28 VIII, Öl auf Leinwand, 140 x 180 cm, gerahmt, (K)

Provenienz:
Aus einer österreichischen Sammlung

Und warum gibt es den Aktionismus gerade in Österreich? Die aktionistischen Handlungen sind ja sehr stark.
Sie gehen auch ins Leben über. Die romantische Kunst ist dagegen ganz formal. Cézanne ist so formal, daß die Wirklichkeit erlischt. Auch bei Picasso ist es so. Er spricht zwar von Zertrümmerung, es ist aber kein Zertrümmern der Wirklichkeit, es ist eher formal, der Gegenstand wird der Bildkonstruktion geopfert. Während der Österreicher banal und naiv ist, er will den Gegenstand nicht aufgeben (lacht), er will das nicht opfern. Ich erinnere mich, als ich studierte, entdeckte ich Schiele. Die Linien bei Schiele sind ja wie Musik. Seine Linien sind berauschend. Es geht gar nicht so sehr um den Körper. Die Kurven sind berauschend, und es ist umso besser, wenn sie einen tollen Frauenkörper umkreisen. Klimt hat das auch, verbunden mit Erotik. Also, ich hatte keine Ahnung. Als ich mit der Akademie begann, machte ich praktisch noch Kinderzeichnungen aus der Phantasie. Man kannte ja nach dem Krieg nicht einmal van Gogh oder Picasso, bei den Nazis war das alles ja entartet. Und als ich 1950 oder 1952 zum erstenmal Schiele sah, da haben mich diese Linien sofort getroffen. Ich wollte es nachzeichnen, konnte es aber nicht. Professor Boeckl sagte: Das, was Schiele gemacht hat, das ist ja nur lineares Stroh – Boeckl war ja Maler. Er war ein guter Maler, aber doch mehr lokal österreichisch, kein Egon Schiele. Er war fast gleich alt wie Schiele. Und dann lernte ich einen Eisenbahner kennen, der Schiele gekannt und 1915/16 Bilder von ihm gekauft hatte. Ich habe ihn besucht. Er zog aus einer Lade Schiele-Zeichnungen heraus. Und ich war total begeistert. Ich glaube, er hat die Zeichnungen der Albertina vermacht. Ich habe vergessen, wie er heißt. Später dann hab‘ ich Schiele abgelehnt, weil ich Cézanne und van Gogh kennenlernte und dachte, Schiele wäre zu naturalistisch. Über die Erotik hab ich mich sogar wie ein Spießer aufgeregt, daß das nämlich zu pervers sei. Ich ging dann eher den formalen Weg, ich mußte das nachholen, und erst jetzt kehre ich über die französische Malerei, dieses Gebirge, zurück auf österreichischen Wiesen und Almen (lacht) und werde Ziegen- und Kuhhirt.
Otto Muehl, Aus dem Gefängnis, 1991-1997, Ritter Verlag, 1997

Expertin: Mag. Elke Königseder Mag. Elke Königseder
+43-1-515 60-358

elke.koenigseder@dorotheum.at


Käufer Hotline Mo.-Fr.: 10.00 - 17.00
kundendienst@dorotheum.at

+43 1 515 60 200
Auktion: Zeitgenössische Kunst, Teil 2
Auktionstyp: Saalauktion
Datum: 27.11.2014 - 14:00
Auktionsort: Wien | Palais Dorotheum
Besichtigung: 15.11. - 27.11.2014


** Kaufpreis inkl. Käufergebühr und Mehrwertsteuer

Es können keine Kaufaufträge über Internet mehr abgegeben werden. Die Auktion befindet sich in Vorbereitung bzw. wurde bereits durchgeführt.