Lot Nr. 944


Herbert Brandl / Blihal (Fritz Grohs)*


(Graz 1959 geb.) / (Steyr 1955–2000 Berlin)
Ohne Titel, (2 teilig), ein Teil auf der Rückseite monogrammiert, datiert HB 84/85 und mit 8 Blihal 4 sowie RI bzw. LII bezeichnet, Öl auf Leinwand je 180 x 145 cm, Gesamtgröße 180 x 290 cm, auf Keilrahmen, (K)

Ganzseitige farbige Abbildungen:
Peter Weibel/Günther Holler-Schuster, Herbert Brandl, Neue Galerie Graz, Hatje Cantz, 2002, Seite 64+65, auf Seite 61 verzeichnet

Provenienz:
Aus einer österreichischen Sammlung

So revolutionär und relevant für den Fortschritt der Moderne in der bildenden Kunst die Rolle der Emanzipation der Farbe vom Naturgegenstand war, also die Schaffung einer absoluten, vom Objekt befreiten Farbe, so legitim und notwendig ist es nun in einer Art postmoderner Praxis, wenn wir dem Wort Postmoderne überhaupt einen progressiven Sinn geben wollen, die Farbe wieder in der zwielichtigen Zone der Objekte anzusiedeln. Neben der Verabsolutierung von Linie und Fläche war es die Autonomie der Farbe, welche die Evolution der Kunst radikalisiert und in die Abstraktion geführt hat. In diesem luft- und zeichen-leeren Raum, wo das Gestalten nicht mehr dem Diktat der Gegenstände folgen konnte, wurde die äußere Referenz durch die innere Referenz ersetzt. Die Richtlinien des Gestaltens kam nicht mehr von außen, von der Außenwelt, sondern von innen, von der Innenwelt. Statt einer äußerlichen, an den Gegenstand gebundene Notwendigkeit wurde nach einer „inneren seelischen Notwendigkeit" gesucht. „Das ist schön, was einer inneren seelischen Notwendigkeit entspricht", sagt Kandinsky. Die naheliegende Versuchung, Brandls Bilder als Seelenlandschaften, als farbige Empfindungsreisen zu beschreiben, verfehlt also nicht nur jene neue ontologische Redefinition des Verhältnisses von Farbe und Form, wie es mir für Brandl als eine Hauptfigur jener neuen Farbmaler zentral scheint, sondern hängt auch offenbar noch aus den Fenstern einer Fin de siècle-Ästhetik, wo die Farbe ein psychisches Äquivalent war, ein Äquivalent zu einer inneren Wirklichkeit. Heute geht es eben darum, nach der Befreiung der Farbe von der Gegenstandswelt, sie auch von der inneren Welt zu emanzipieren, die Unabhängigkeit der Farbe auch von einer inneren Notwendigkeit, einer inneren Referenz zu proklamieren…
Peter Weibel, Farbe und Zeit, aus der angeführten Literatur

Expertin: Mag. Elke Königseder Mag. Elke Königseder
+43-1-515 60-358

elke.koenigseder@dorotheum.at

27.11.2014 - 14:00

Schätzwert:
EUR 40.000,- bis EUR 55.000,-

Herbert Brandl / Blihal (Fritz Grohs)*


(Graz 1959 geb.) / (Steyr 1955–2000 Berlin)
Ohne Titel, (2 teilig), ein Teil auf der Rückseite monogrammiert, datiert HB 84/85 und mit 8 Blihal 4 sowie RI bzw. LII bezeichnet, Öl auf Leinwand je 180 x 145 cm, Gesamtgröße 180 x 290 cm, auf Keilrahmen, (K)

Ganzseitige farbige Abbildungen:
Peter Weibel/Günther Holler-Schuster, Herbert Brandl, Neue Galerie Graz, Hatje Cantz, 2002, Seite 64+65, auf Seite 61 verzeichnet

Provenienz:
Aus einer österreichischen Sammlung

So revolutionär und relevant für den Fortschritt der Moderne in der bildenden Kunst die Rolle der Emanzipation der Farbe vom Naturgegenstand war, also die Schaffung einer absoluten, vom Objekt befreiten Farbe, so legitim und notwendig ist es nun in einer Art postmoderner Praxis, wenn wir dem Wort Postmoderne überhaupt einen progressiven Sinn geben wollen, die Farbe wieder in der zwielichtigen Zone der Objekte anzusiedeln. Neben der Verabsolutierung von Linie und Fläche war es die Autonomie der Farbe, welche die Evolution der Kunst radikalisiert und in die Abstraktion geführt hat. In diesem luft- und zeichen-leeren Raum, wo das Gestalten nicht mehr dem Diktat der Gegenstände folgen konnte, wurde die äußere Referenz durch die innere Referenz ersetzt. Die Richtlinien des Gestaltens kam nicht mehr von außen, von der Außenwelt, sondern von innen, von der Innenwelt. Statt einer äußerlichen, an den Gegenstand gebundene Notwendigkeit wurde nach einer „inneren seelischen Notwendigkeit" gesucht. „Das ist schön, was einer inneren seelischen Notwendigkeit entspricht", sagt Kandinsky. Die naheliegende Versuchung, Brandls Bilder als Seelenlandschaften, als farbige Empfindungsreisen zu beschreiben, verfehlt also nicht nur jene neue ontologische Redefinition des Verhältnisses von Farbe und Form, wie es mir für Brandl als eine Hauptfigur jener neuen Farbmaler zentral scheint, sondern hängt auch offenbar noch aus den Fenstern einer Fin de siècle-Ästhetik, wo die Farbe ein psychisches Äquivalent war, ein Äquivalent zu einer inneren Wirklichkeit. Heute geht es eben darum, nach der Befreiung der Farbe von der Gegenstandswelt, sie auch von der inneren Welt zu emanzipieren, die Unabhängigkeit der Farbe auch von einer inneren Notwendigkeit, einer inneren Referenz zu proklamieren…
Peter Weibel, Farbe und Zeit, aus der angeführten Literatur

Expertin: Mag. Elke Königseder Mag. Elke Königseder
+43-1-515 60-358

elke.koenigseder@dorotheum.at


Käufer Hotline Mo.-Fr.: 10.00 - 17.00
kundendienst@dorotheum.at

+43 1 515 60 200
Auktion: Zeitgenössische Kunst, Teil 2
Auktionstyp: Saalauktion
Datum: 27.11.2014 - 14:00
Auktionsort: Wien | Palais Dorotheum
Besichtigung: 15.11. - 27.11.2014