Lot Nr. 1104


Paula Modersohn-Becker


(Dresden 1876-1907 Worpswede) Sitzendes Mädchen mit Strohhut und Kind auf dem Schoß, datiert 04, Tempera auf Pappe auf Hartfaserplatte, 74 x 58 cm, gerahmt, (PS)

Provenienz: Privatsammlung Bremen/Luzern J. Dik, München (seit 1961); Galerie Änne Abels, Köln (seit 1964); Privatsammlung Soest (seit 1974) Ausstellung: München, Haus der Kunst, 14.3.-10.5.1964, Secession, Europäische Kunst um die Jahrhundertwende, Kat. Nr. 344 (dort mit dem Titel: Mutter und Kind Ausstellungsaufkleber) Literatur: Günter Busch, Wolfgang Werner (Hrsg), Paula Modersohn-Becker 1876-1907, Werkverzeichnis der Gemälde, München 1998, Band II, Kat.-Nr. 514, Seite 354f mit S/W Abb. Deutlich setzt sich Paula Modersohn-Becker mit ihrer Darstellung des Kindes von der Tradition ab: Eine fröhliche Spielatmosphäre , auch eine bürgerliche Geborgenheit fehlen vollständig. Stattdessen blicken die Kinder ernst, halten den Kopf leicht gesenkt, strahlen keine kindliche Leichtigkeit, sondern Schwermut aus. Auffallend sind die weit geöffneten Augen der Kinder, die, auch wenn sie sich auf den Betrachter richten, doch durch diesen hindurchzublicken scheinen. Dieser Effekt entsteht dadurch, dass die Augen eine einheitliche dunkle Kreisfläche bilden, ohne dass die Pupille von der Iris abgesetzt ist. Dadurch erscheint das Kind, auch wenn es frontal in vorderster Bildebene präsentiert wird, entrückt, distanziert, sein Blick nimmt keinen Kontakt zum Betrachter auf (Helmut Friedel(Hrsg. Modersohn-Becker 1876-1907 Retrospektive, Lenbachhau München 1997, Kinder 1902-1905), Seite 171 "Unnachahmlich hat es Paula Modersohn-Becker verstanden, das Bedürfnis des Kindes nach Nähe, Zärtlichkeit und Zweisamkeit im Bilde zu erfassen. Dabei verzichtete sie sowohl auf alle rührseligen, anekdotischen als auch vordergründig - porträthaften Momente. Stattdessen konzentrierte sie sich ganz auf die Körpersprache der Kinder, ihre Art, sich festzuhalten, sich aneinander anzulehnen, sich zu umarmen oder mit schützender Geste die Jüngeren oder Schwächeren an sich zu ziehen. Mit wenigen, sparsamen Mitteln verstand es die Künstlerin, Freundschaft, Fürsorge und Schutzbedürftigkeit auszudrücken. (...) Eindrucksvoll kommt die immer wieder dargestellte Geste der Fürsorge zum Tragen, indem ein älteres oder gesünderes Mädchen liebevoll und verantwortungsvoll den Arm um ein jüngeres, hilfloseres Kind legt. In solchen wie auch in vielen anderen Gemälden Modersohn-Beckers kommt den formalen Momenten des Kreisenden, sich Rundenden und des Umschließens ganz besondere Bedeutung zu. Sie scheinen nicht zuletzt auf die eigene Sehnsucht der von einer inneren Unruhe getriebenen Malerei Ruhe, Stabilität und Ganzheit zu verweisen." (Christa Murken, Paula Modersohn-Becker, Kinderbildnisse, Ostfildern-Ruit 2004, Seite 78f.)

Expertin: Dr. Petra Maria Schäpers Dr. Petra Maria Schäpers
+49 211 2107747

petra.schaepers@dorotheum.de

20.05.2010 - 19:00

Erzielter Preis: **
EUR 375.300,-
Schätzwert:
EUR 170.000,- bis EUR 220.000,-

Paula Modersohn-Becker


(Dresden 1876-1907 Worpswede) Sitzendes Mädchen mit Strohhut und Kind auf dem Schoß, datiert 04, Tempera auf Pappe auf Hartfaserplatte, 74 x 58 cm, gerahmt, (PS)

Provenienz: Privatsammlung Bremen/Luzern J. Dik, München (seit 1961); Galerie Änne Abels, Köln (seit 1964); Privatsammlung Soest (seit 1974) Ausstellung: München, Haus der Kunst, 14.3.-10.5.1964, Secession, Europäische Kunst um die Jahrhundertwende, Kat. Nr. 344 (dort mit dem Titel: Mutter und Kind Ausstellungsaufkleber) Literatur: Günter Busch, Wolfgang Werner (Hrsg), Paula Modersohn-Becker 1876-1907, Werkverzeichnis der Gemälde, München 1998, Band II, Kat.-Nr. 514, Seite 354f mit S/W Abb. Deutlich setzt sich Paula Modersohn-Becker mit ihrer Darstellung des Kindes von der Tradition ab: Eine fröhliche Spielatmosphäre , auch eine bürgerliche Geborgenheit fehlen vollständig. Stattdessen blicken die Kinder ernst, halten den Kopf leicht gesenkt, strahlen keine kindliche Leichtigkeit, sondern Schwermut aus. Auffallend sind die weit geöffneten Augen der Kinder, die, auch wenn sie sich auf den Betrachter richten, doch durch diesen hindurchzublicken scheinen. Dieser Effekt entsteht dadurch, dass die Augen eine einheitliche dunkle Kreisfläche bilden, ohne dass die Pupille von der Iris abgesetzt ist. Dadurch erscheint das Kind, auch wenn es frontal in vorderster Bildebene präsentiert wird, entrückt, distanziert, sein Blick nimmt keinen Kontakt zum Betrachter auf (Helmut Friedel(Hrsg. Modersohn-Becker 1876-1907 Retrospektive, Lenbachhau München 1997, Kinder 1902-1905), Seite 171 "Unnachahmlich hat es Paula Modersohn-Becker verstanden, das Bedürfnis des Kindes nach Nähe, Zärtlichkeit und Zweisamkeit im Bilde zu erfassen. Dabei verzichtete sie sowohl auf alle rührseligen, anekdotischen als auch vordergründig - porträthaften Momente. Stattdessen konzentrierte sie sich ganz auf die Körpersprache der Kinder, ihre Art, sich festzuhalten, sich aneinander anzulehnen, sich zu umarmen oder mit schützender Geste die Jüngeren oder Schwächeren an sich zu ziehen. Mit wenigen, sparsamen Mitteln verstand es die Künstlerin, Freundschaft, Fürsorge und Schutzbedürftigkeit auszudrücken. (...) Eindrucksvoll kommt die immer wieder dargestellte Geste der Fürsorge zum Tragen, indem ein älteres oder gesünderes Mädchen liebevoll und verantwortungsvoll den Arm um ein jüngeres, hilfloseres Kind legt. In solchen wie auch in vielen anderen Gemälden Modersohn-Beckers kommt den formalen Momenten des Kreisenden, sich Rundenden und des Umschließens ganz besondere Bedeutung zu. Sie scheinen nicht zuletzt auf die eigene Sehnsucht der von einer inneren Unruhe getriebenen Malerei Ruhe, Stabilität und Ganzheit zu verweisen." (Christa Murken, Paula Modersohn-Becker, Kinderbildnisse, Ostfildern-Ruit 2004, Seite 78f.)

Expertin: Dr. Petra Maria Schäpers Dr. Petra Maria Schäpers
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Käufer Hotline Mo.-Fr.: 10.00 - 17.00
kundendienst@dorotheum.at

+43 1 515 60 200
Auktion: Klassische Moderne
Auktionstyp: Saalauktion
Datum: 20.05.2010 - 19:00
Auktionsort: Wien | Palais Dorotheum
Besichtigung: 05.05. - 20.05.2010


** Kaufpreis inkl. Käufergebühr und Mehrwertsteuer

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