MARKANT PROVOKANT

Contemporary Week im Dorotheum: Moderne und zeitgenössische Kunst, Juwelen und Armbanduhren bei Auktionen vom 28. November bis 1. Dezember 2023


Dass Kunstwerke durchaus gesellschaftliches und politisches Sprengpotential haben können, demonstrieren die Auktionen der Contemporary Week im Dorotheum vom 28. November (Moderne) bis zum 29. und 30.November 2023 (Zeitgenössische Kunst).

Revolutionäre Kunst muss abstrakt sein, lautete das Credo des italienischen Künstlers Emilio Vedova. Mit Verve und vollem Körpereinsatz bezeugen seine rohen brutalen Pinselstriche und Gesten die Realität einer von den Kriegen erschütterten Welt. In den 1950er und 1960ern entstanden, bleiben diese Arbeiten aktuell. Wie auch das in der Auktion Zeitgenössische Kunst am 29. November 2023 angebotene, in Schwarz und Rot gehaltene Bild „Per la Spagna“ (€ 240.000–360.000). Picassos Guernica-Wandgemälde anlässlich der Bombardierung des gleichnamigen Dorfes im Spanischen Bürgerkrieg war der Referenzpunkt des - seit seiner Zeit in der italienischen Widerstandsbewegung - politisch engagierten Künstlers. Stilistisch sah sich Vedova von den Fresken seiner Heimatstadt Venedig beeinflusst, vorwiegend von Tintoretto. 

Kunst und Revolution lautete, ganz 1968, die als Vortrag ausgewiesene Veranstaltung der Wiener Aktionisten im Hörsaal 1 der Universität Wien, die in die Annalen der Kunstgeschichte als „Uni-Skandal“ bzw. „Uni-Ferkelei“ einging. Günter Brus war einer der Akteure. Eine unbetitelte, 1962 entstandene gestische Arbeit des Jahre später Rehabilitierten wird für 40.000 bis 70.000 Euro angeboten. Radikal ging auch Arnulf Rainer mit seinen Serien von Übermalungen vor. Ein Werk aus 1964 zeigt die fast völlige Auslöschung des ursprünglichen Motives durch schwarze Farbe (€ 160.000–240.000). 

Aufruhr und Kampf ist bei Maria Lassnigs Werken stets stellvertretend auf die eigene Person bezogen. In ihren Körperzustandsbildern hebt die in der letzten Dekade weltweit gerühmte Künstlerin auf einzigartige Weise innere Befindlichkeiten ins menschlich Allgemeine. Und benennt sie mitunter: „Der rote Zorn“ ist ein hervorragendes Beispiel für ihre vielfach ausgezeichnete Kunst, ihre „Körpergefühlsfarben“ (€ 180.000–250.000). Eine seltene frühe, im Jahr 1948 entstandene Zeichnung, ein Porträt ihrer Eltern, lässt Späteres erahnen (€ 18.000-28.000).

Licht spielt die Hauptrolle in den Werken von Heinz Mack. Mit Adolf Luther und Günther Uecker als Teil der Gruppe Zero, wollte er nach den Weltkriegen symbolisch wieder bei Null beginnen und die (deutsche) Kunst revolutionieren. Eine vierteilige Serie Quartett thematisiert die Gestaltbarkeit von Licht als Medium und Material, indem die Spektralfarben in Abfolge dargestellt werden (€ 380.000–580.000).

In Italien wollten Künstler vor allem mittels neuer Raum-Konzepte à la Fontanas Concetto spaziale das Bild nach dem letzten Bild erforschen und erweitern. Eine dreidimensionale Superficie Bianca von Enrico Castellani, ein quadratisches Großformat von 1983, gibt bestes Zeugnis dieser für die Entwicklung der Zeitgenössischen Kunst des 20. Jahrhunderts wesentlichen künstlerischen Bemühungen (€ 250.000–500.000).

Von Daniel Richter, ehemaligen Besetzerszene-Kunst-Punk und derzeitigem Malerei-Professor an der Wiener Akademie der bildenden Künste Wien, steuert die Auktion eines seiner expressiven abstrakten Werke aus den 1990er Jahren bei, „TTS (Totus Tuus Sum)“, € 100.000–150.000.

Franz West passt zu den Revolutionären, er stellte sich mit seiner Kunst gegen die Autoritäten seiner Zeit.  „blosse verwendung als raumverzierer entspricht den intentionen nicht“, schrieb er. Seine Texte und Titel sind voller Sprachwitz, so auch bei „Die Werdung des Seienden“, eine Arbeit in fünf Abfolgen, in der er sich, charakteristisch für ihn, u. a. mit menschlicher Physiognomie auseinandersetzt (€ 60.000–80.000)

Respektlos und selbstironisch, mit einem Übermaß an Farbigkeit kommt William Nelson Copleys eigenwilliger Popsurrealismus daher. Sein 1969 entstandenes Gemälde „Bathing Beauties“ vereint bestens des Amerikaners Markenzeichen: Sexy und augenzwinkernd, in der Darstellung bar jedes Moralismus (€ 100.000–150.000).

Ebenfalls zur Auktion kommen u. a Werke von Stephan Balkenhol, Oscar Murillo, Giuseppe Capogrossi, Arnaldo Pomodoro, Carla Accardi, Jannis Kounellis, Victor Vasarely sowie Hermann Nitsch, Wolfgang Hollegha, Martha Jungwirth oder Brigitte Kowanz.

MODERNE

Der spanisch-französische Künstler, Schriftsteller und Provokateur Francis Picabia nannte sich selbst ein „schönes Monster“. Aus seiner figurativen Schaffenszeit Ende der 1930er Jahre bis zum Beginn des Zweiten Weltkrieges stammen zwei unbetitelte Gemälde, Highlights der Auktion Moderne am 28. November 2023. Sie liefern gute Beispiele für Picabias durch Überlagerungen charakterisierten, suggestiven Transparenzen-Bilder (€ 180.000–240.000 bzw. € 240.000–320.000).

Mit Kurt Schwitters steht ein Picabia ebenbürtiger Wort-Bild-Akrobat mit dadaistischen Tendenzen am Auktionsprogramm. Der Schöpfer der Dada-Ursonate, des Merz-Baues und der absurden Erzählung „Auguste Bolte“ ist mit einer Assemblage aus „c 71 falling paper pieces“ vertreten (€ 150.000–200.000).  

Bei der Auktion finden sich eine Reihe der in der Sammlerschaft beliebten Motive von Alfons Walde, darunter „Almen und Gletscher“ (€ 350.000–400.0000) ebenso wie das in Tempera auf Papier gemalte Schifahrer-Motiv „Der Aufstieg“ (10 x 10 cm, € 40.000–60.000). Das mit 130.000 bis 250.000 Euro bezifferte Ölgemälde „Tiroler Bergdorf“ von 1947 stammt aus der Privatsammlung von Otto Glaser, einem Österreicher, der 1938 mithilfe der Kindertransporte nach Irland ziehen und somit überleben konnte. Die Grüne Insel wurde die private Heimat für den nach dem Krieg in Wien ausgebildeten Atomphysiker, einem der Pioniere der Telekommunikation.  Eine zwischen 50.000 und 70.000 Euro geschätzte frühe Klimt-Studie für das Stadttheater in Karlsbad, in Öl auf Papier gebannte „Tafelfreuden“, kommt ebenfalls aus Glasers Sammlung.

Die unheimliche und surreale Seite der Moderne verkörpert Franz Sedlacek mit seinen neusachlich-fantastischen Arbeiten. Auch „Der Zauberer und der Harlekin“ verströmt morbide Magie, welche mittels räumlichem Tiefenlicht in Szene gesetzt wird (€ 160.000–300.000).

Ebenfalls im Auktionsangebot: Werke von Giacomo Balla, Renato Guttoso, Lovis Corinth u. v. m.

JUWELEN UND UHREN

Highlight der Juwelen-Auktion am 30. November 2023 ist ein Kaschmir-Saphir mit einer beeindruckenden Größe von knapp 14 ct. Der in einem goldenen Armband gefasste Edelstein stammt aus altem europäischem Hochadel.  Das Gutachten des Schweizerischen Gemmologischen Institutes qualifiziert die Farbe des Steines als „Blue of strong saturation“ und bescheinigt damit die höchste Farbsättigung. Seine Transparenz entfaltet sich in besonderer Weise auf Grund der Schlichtheit des Schliffes in Cabochon-Form (Schätzwert € 200.000–400.000).

Zwischen 60.000 und 90.000 Euro geschätzt ist die IWC Il Destriero Scafusia, eine überaus seltene und feine Armbanduhr mit ewigem Kalendarium und Mondphase, Doppelchronograph, Minutenrepetitionsschlagwerk und Tourbillon in Gold-Gehäuse. Das Aushängeschild der Armbanduhren-Auktion vom 1. Dezember 2023 wurde 1993 anlässlich des 125-Jahr-Jubiläums von IWC in einer limitierten Auflage von nur 125 Stück hergestellt.

 

CONTEMPORARY WEEK
28. NOVEMBER BIS 1. DEZEMBER 2023
* Saal Auktion mit Live Bidding
** Online Auktion
Moderne * 28. November 2023, 18 Uhr
Zeitgenössische Kunst I *
Zeitgenössische Kunst II **
29. November 2023, 18 Uhr
30. November 2023, 18 Uhr
Juwelen * 30. November 2023, 13 Uhr
Armband- und Taschenuhren * 1. Dezember 2023, 13 Uhr
Besichtigung ab 18. November 2023 
Auktionsort Palais Dorotheum
Dorotheergasse 17
1010 Wien

 


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